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Ein Autounfall mit beachtlichem Blechschaden an sich ist schon ärgerlich genug. Wenn man aber mit einem quasi neuen Auto in einen Unfall verwickelt wird, ist das umso ärgerlicher.
Stellt sich die Frage: Werden Unfälle mit Neuwagen rechtlich anders behandelt als Unfälle mit älteren Fahrzeugen? Kann man eventuell von der Versicherung des Unfallgegners den Wert eines gleichwertigen Neuwagens verlangen? Und wenn ja: Wie sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Neuwertersatz? Mit einem solchen Fall befasste sich 2020 der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 29.09.2020, Az.: VI ZR 271/19) und bestätigt mit diesem Urteil seine Rechtsprechung aus 2009.
Der Sachverhalt: Neuwagen, Neuwertersatz und Ersatzfahrzeug
Der Kläger kaufte sich 2017 für ca. 37.000 Euro einen neuen Mazda CX-5. Weniger als vier Wochen nach der Zulassung und mit weniger als 600 gefahrenen Kilometern wurde das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt und nicht unerheblich beschädigt. Natürlich verlangte der geschädigte Neuwagenbesitzer Ersatz für den Schaden an seinem Fahrzeug. Dabei forderte er jedoch von der gegnerischen Versicherung nicht „nur“ Ersatz der Reparaturkosten und des Wertverlustes durch den Unfall, sondern Neuwertersatz (= Ersatz der Anschaffungskosten). Die Versicherung des Unfallgegners war mit dieser Forderung nicht einverstanden. Also erhob der geschädigte Neuwagenbesitzer Klage auf Neuwertersatz. Um Anspruch auf Neuwertersatz geltend machen zu können, müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein: So darf das Fahrzeug nicht länger als einen Monat zugelassen und nicht mehr als 1.000 km gefahren sein. Außerdem muss der Schaden am Fahrzeug gravierend sein. So kommt Neuwertersatz nur in Betracht, wenn tragende Fahrzeugteile wie z.B. der Motor oder aber die A- oder B-Säule beschädigt wurden. Im Fall, über den der BGH zu entscheiden hatte, war all das aber grundsätzlich gegeben. Allerdings hatte der Kläger, der den Neuwertersatz verlangte, kein neues Fahrzeug angeschafft. Er könne sich nach dem Kauf des ersten Autos nicht noch einen Neuwagen leisten. Einen Beweis dafür trat er jedoch nicht an.
Verfahren und Urteil des BGH zum Neuwertersatz
Das Landgericht sprach dem Kläger Anspruch auf Neuwertersatz zu. In der Berufung hingegen kam das OLG zu dem Ergebnis, dass lediglich Reparaturkosten etc. zu erstatten seien, jedenfalls aber nicht der Neuwert des Fahrzeugs. Damit wollte der Kläger sich nicht zufriedengeben und wendete sich an den Bundesgerichtshof – allerdings auch hier ohne Erfolg. Der Kauf eines weiteren Neufahrzeugs bzw. gleichwertigen Ersatzfahrzeugs sei Voraussetzung für den Neuwertersatz, so die Richter des BGH. Denn bei einer rein fiktiven Abrechnung des Neuwerts würden sich Probleme mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Bereicherungsverbot ergeben. Außerdem habe der Kläger seine Finanzierungsprobleme für die erneute Anschaffung eines Neuwagens lediglich behauptet, nicht aber bewiesen.
Fazit
Der BGH bestätigt mit diesem Urteil seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2009. Ein Anspruch auf Neuwertersatz besteht nur, wenn ein gleichwertiges Fahrzeug als Ersatz für das beschädigte Fahrzeug angeschafft wurde. Damit stellte der BGH klar: Wer mit einem nagelneuen Auto in einen Unfall verwickelt wird, kann vom Unfallgegner Ersatz für den Neuwert des Fahrzeugs verlangen. Das gilt allerdings nur, wenn
- das neuwertige Fahrzeug (s.o.) an tragenden Teilen beschädigt wurde UND
- tatsächlich noch einmal ein neues Fahrzeug angeschafft wurde.
Die Ersatzanschaffung eines neuen Autos ist damit für die Rechtsprechung nach wie vor maßgeblich für einen Neuwertersatzanspruch. Allerdings hätte der Fall hier ggf. anders ausgehen können, wenn der Kläger unter Beweis gestellt hätte, dass er sich die Anschaffung eines weiteren Neuwagens schlichtweg nicht leisten konnte.
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